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Mehrfachbehinderung / chronische Krankheit

Erfahrungsbericht von Dominique Mani (Mai 2022)

Im Jahr 1984 wurde ich geboren, und nach wenigen Monaten stand fest, dass ich CP (Cerebralparese) mit einer Hüftataxie habe. Meine Kindheit verlief so weit normal, da ich dank des Einsatzes meiner Mutter und meiner Grosseltern in die Regelschule (Primar- und Sekundarstufe) gehen konnte. Erst in der Oberstufe, in der ich massiv gemobbt wurde und teilweise auch Suizidgedanken hatte, wurde mir klar, dass ich «anders» war als die anderen. Ich begann die Lehre als Pflegeassistentin, welche ich aber abbrechen musste, weil ich es physisch einfach nicht schaffte. Mein Tag bestand aus Arbeiten und schlafen und mir wurde klar, dass ich dieses Leben nicht lange würde durchziehen können.

Mithilfe der IV fand ich dann eine Lehrstelle im Rossfeld, wo ich die Lehre als Kauffrau E-Profil erfolgreich im Jahr 2008 abschloss. Es war im März 2009, ich hatte gerade meine erste Arbeitsstelle angetreten, als mir auffiel, dass ich immer mehr graue Schatten vor meinem rechten Auge sah. Nach dem 3. Tag, als die Symptome immer schlimmer wurden, ging ich zum Augenarzt. Dieser schickte mich in die Insel (Spital in Bern), wo ich auf MS (Multiple Sklerose) abgeklärt wurde. Und siehe da: “Jackpot, das auch noch!”, so dachte ich damals.

Durch Tipps gelangte ich dann zu meinem Neurologen, bei dem ich noch heute Patientin bin. Es wurde dann mit der sogenannten Basistherapie gestartet, bei der ich mir selbst jeden zweiten Tag Spritzen setzen musste. Eine Weile lang ging das gut, bis ich mir Anfang 2012 eine ITP (Immunthrombozytopenie) holte, unter der sogar zeitweise Lebensgefahr bestand, weil meine Milz die eigenen Blutplättchen, welche für die Gerinnung verantwortlich sind, selbst abgetötet hat. Im November 2012 wurde dann das «Problem» mittels Entfernung der Milz behoben. 

Dann, im April 2017 wurde meine Tochter Emilia geboren. Wir waren (und sind es immer noch!) die glücklichsten Eltern der Welt. 

Mein Alltag unterscheidet sich wohl vom Alltag von Eltern ohne Behinderung / chronischer Krankheit ziemlich. Aufgrund meiner Behinderung und der chronischen Krankheit ist alles etwas anstrengender und braucht mehr Zeit, da ich auch etwas langsamer bin. Den Haushalt teilen wir uns, mein Mann und ich. Ich mache die Dinge, die nicht so schwer sind und er macht das, was mehr Gleichgewicht und Kraft braucht. Es ist ein sehr gut abgestimmtes Miteinander geworden und darüber bin ich sehr dankbar. Meine Gehstrecke ist sehr beschränkt und ich laufe zudem am Rollator, womit ich mich sicher fühle. 

Als das Einschränkendste meiner Situation empfinde ich meine Spastik, da es das Laufen erschwert und die Gleichgewichtsprobleme durch unvorhersehbare Bewegungen verschlimmert.

Ausserdem habe ich noch Migräne, die ich aber dank den Medikamenten gut im Griff habe und mich nur manchmal einschränkt.

Wenn ich mit meiner Tochter alleine unterwegs bin, ist das Wichtigste, dass sie mir gehorcht. Mit einer 5 jährigen ist das logischerweise nicht immer gegeben, im Grossen und Ganzen funktioniert es jedoch. Wenn es um heikle Dinge geht wie z.B. beim Ein- und Aussteigen aus dem Postauto, ist sie meistens sehr aufmerksam, was ziemlich sicher nicht mit jedem Kind so funktionieren würde. Da sie seit Geburt jedoch gewöhnt ist, dass vieles langsamer bzw. anders funktioniert mit mir als mit einer Mutter ohne Behinderung, ist sie das gewöhnt und kann sich auch gut darauf einstellen. Manchmal jedoch, wenn es ihr dann wirklich zu langsam geht, ruft sie schon mal: «Maaammmaaa, chunnsch itz de öppe?»

Beim Arbeiten brauche ich keine besonderen Anpassungen am Arbeitsplatz. Ich bin jedoch sehr froh, dass ich Arbeitskolleg:innen habe, welche mich gut kennen und mir helfen, wenn es dann doch nicht alleine geht, wie zum Beispiel beim Einsortieren des Büromaterials oder mir auch mal die Tür aufhalten, damit es leichter für mich geht.

Ansonsten würde ich sagen, ist das ein «normaler» Alltag. So normal eben, wie es mit meinen Einschränkungen möglich ist und ich hoffe, dass es noch ganz lange so bleibt!

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