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Von der Suche nach der eigenen, selbstbestimmten Sexualität

Erfahrungsbericht von Daniel Wernli

«Es müsste Frauen geben, die Menschen mit einem Handicap die Sexualität in ganz kleinen Schritt en näherbringen.» Diesen Wunsch hatte ich im Alter von ca. 31 Jahren. Ich hatte noch nie eine Freundin gehabt und meine Sexualität war praktisch nicht vorhanden. Dass ich der Verzweiflung nahe war, weil ich meine Sexualität nicht ausleben konnte, ahnte niemand. Von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr wurde mein Verlangen immer grösser. Einmal nur eine Frau nackt zu sehen oder zu berühren. Aber das schien mir so weit entfernt wie eine Reise zum Mond.

Als ich die Dienstleistung «Sexualbegleitung» entdeckte, dachte ich «Endlich gehen meinevTräume in Erfüllung». Ich habe jemanden gebucht und mich riesig auf das erste Date gefreut. Endlich durfte ich eine Frau oben ohne sehen und berühren. Zur Erfüllung der Träume brauchte es aber noch mehr. Ich wollte nach verschiedenen Besuchen bei Sexualbegleiterinnen eine Frau suchen, die das ganze Programm mit Geschlechtsverkehr anbietet. Meine bisherigen Sexualbegleitungen hatten das nicht angeboten. Ich buchte also eine Sexualbegleiterin für eine ganze Nacht. Das war meine erste Nacht mit einer Frau. Mit einer Sexualbegleiterin, die mir alles zeigte. Es war nicht nur die Tatsache, dass ich eine Nacht mit einer Frau verbracht habe. Nein, meinem Selbstvertrauen tat diese Nacht auch sonst sehr gut. Ich hatte die Scheu abgelegt. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich weniger Hemmungen vor den Frauen.

Meine selbstbestimmte Sexualität hatte einen Einfluss auf meine persönliche Entwicklung. Ich wurde viel selbstbewusster, mutiger und reifer. In meinem Freundeskreis wurde das auch bemerkt. 90% hatten keine Probleme damit, dass ich sexuelle Dienstleistungen kaufe, die anderen 10% wandten sich von mir ab. Mit dem musste ich umgehen können, denn meine selbstbestimmte Sexualität war und ist mir wichtiger. Ja, ich habe Freunde verloren. In den nächsten Jahren besuchte ich viele Sexualbegleiterinnen und habe viel Positives und Negatives erlebt. Daraus habe ich viel gelernt. Das Gelernte wollte ich auch weitergeben. Somit durfte ich bei einer Weiterbildung für Sexualbegleitung mitwirken und habe später auch meine Tätigkeit als Botschafter in selbstbestbestimmter Sexualität aufgenommen mit meiner Homepage www.danielwernli.ch

Im Jahre 2018 wollte ich einen weiteren Schritt wagen und versuchen, eine Frau auf dem freien Markt zu finden, also keine Sexualbegleiterin für Menschen mit Behinderungen. Eine Sexarbeiterin zu finden, gelang mir auch nach langer Suche. Es kommt dabei sehr darauf an, wie man kommuniziert. Ich empfehle in meinen Peerberatungen immer, offen zu sein. Seine Behinderung zu schildern, um der Frau die Angst zu nehmen. So habe ich in drei Jahren immer wieder tolle Erfahrungen gemacht. Manchmal war ich auch eine Bereicherung für die Frauen, weil sie sehen, wie ich mit Behinderung durch das Leben gehe. Bitte verwechselt Bereicherung nicht mit Liebe.

So leistete ich mir gekaufte sexuelle Dienstleistungen bis in den Frühling 2021. Dort habe ich meine erste, feste Freundin gefunden. Ich habe nicht mehr gesucht, meine Freundin ist mir praktisch in den Schoss gefallen, aber dazu vielleicht ein anderes Mal. Es ist total anders in einer Beziehung zu leben als sich sexuelle Dienstleistungen zu kaufen. Die Sexualität gekoppelt mit Liebe ist tiefer, emotionaler und leidenschaftlicher als gekaufte Sexualität, das geniesse ich nun sehr.

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